November Genozid - Delhi 1984
Nach dem Angriff auf den Sri Harmandir Komplex im Juni 1984 durch die Indische Armee mit einem Kontigent von über 70.000-100.000 Soldaten gegen 200-240 Widerstandskämpfer und der Zerstörung des Akaal Takhts (dem höchsten Sitz der temporalen Sikh Religion) und der Beschädigung des Sri Harmandir Sahib Komplex wurden nach Angaben ca. 5.000 + unschuldige, gläubige Sikhs getötet.
Am 31. Oktober 1984 wird Indira Gandhi daraufhin von ihren zwei Sikh Bodyguards Beant Singh und Satwant Singh erschossen. Danach folgte eine systematische, organisierte Verfolgung und Tötung unschuldiger Sikhs in Delhi und Indien unter dem damaligen Premier Minister Rajiv Gandhi (Congress Partei), der folgendes deklarierte:
Wenn ein mächtiger Baum fällt, dann ist es nur natürlich, wenn die Erde um ihn herum ein wenig bebt. [Rajiv Gandhi]
In ganz Indien werden Sikhs angegriffen, einige der schlimmsten dokumentierten Attacken fanden in der Hauptstadt Neu Delhi statt. In Delhi werden mehr als 3.100 Sikhs innerhalb von 3 Tagen getötet. Die Zahlen der getöteten Sikhs außerhalb von Delhi liegen laut Quellen bei über 20.000.
Die Gemeinden, die von der damaligen Congress Partei regiert wurden, waren am schlimmsten betroffen, aber auch Mitglieder von der RSS/BJP waren an den Progromen mit beteiligt.
Jahrzehnte lang gab es für die Opfer und Hinterbliebenen keine Gerechtigkeit. Die Täter wurden geschützt und protegiert. Der November Genozid von 1984 ist ein dunkles Kapitel in der Geschichte Indiens gegenüber einer religiösen, ethnischen Minderheit, der Sikhs, die einen Anteil von nur 1.7% der indischen Gesamtbevölkerung ausmachen.
Die Zeit nach 1984 war gekennzeichnet durch weitere religiöse und ethnische Verfolgungen, Folterungen, Tötungen und sogenannten "Fake Encounter". Jeder getaufte Sikh (Amritdhari), der die fünf Glaubensartikel trug, unabhänig ob Frau, Mann oder Kind, wurde vom Indischen Staat als "potentieller Terrorist" deklariert und konnte außergerichtlich auf "Verdacht" hin von der Polizei festgenommen, gefoltert und/oder getötet werden. Hierzu wurden die sogenannten TADA Gesetze erlassen.
Der tschechische Schriftsteller Milan Kundera schreibt:
Der erste Schritt, um Menschen zu liquidieren, ist ihre Erinnerung auszulöschen. Zerstöre ihre Bücher, ihre Kultur und ihre Geschichte. Dann laß jemanden neue Bücher schreiben, stelle eine neue Kultur her, erfinde eine neue Geschichte. Es dauert nicht lange, und diese Nation wird vergessen, wer sie sind und wer sie waren... Der Kampf des Menschen gegen die Macht ist der Kampf der Erinnerung gegen das Vergessen.
Ram N. Kumar beschreibt die Natur der Organisation dieser staatlich gesponserten Progrome gegen Sikhs wie folgt:
Früh am nächsten Morgen wurden Horden von Mobs aus den Vororten Delhi's an verschiedene Stellen der Stadt transportiert, wo sich größere Teile der Sikh Bevölkerung befanden. Die Mobilisierung deutete auf eine Unterstützung und eine Organisation mit immensen Resourcen hin. Die kriminellen Gruppen trugen primitive Waffen bei sich... und brennbare Materialien, inklusive Kerosin zur Brandstiftung. Ihnen wurden ebenfalls Listen zur Verfügung gestellt, auf denen die Häuser und Geschäfte von Sikhs in verschiedenen Gegenden vermerkt waren. Die Regierung kontrollierte den Fernsehsender Doordarshan und den Radiosender All India Radio, und begann mit der Ausstrahlung von provokativen Slogans, um Rache zu suchen, wie "khoon ka badla khoon se lenge (Blut für Blut)"
Jede dieser Mob-Gangs von ca. 200-300 Männern, geleitet von einem Anführer, begannen in die Häuser der Sikhs auszuschwärmen, zerhackten die Bewohner in Stücke, hackten die Köpfe von Kindern ab, vergewaltigten Frauen, fesselten Männer an Reifen, die mit Kerosin in Brand gesetzt wurden und brannten Häuser und Geschäfte nieder, nachdem sie sie geplündert hatten, während die Polizei dabei inaktiv zusah. In einigen Gegenden gruppierten sich Sikh Familien zur Selbstverteidigung. Die Polizei erschien dann, um diese Sikh-Gruppen, die sich verteidigen wollten, entweder zu entwaffnen, festzunehmen oder lösten sie mit Waffengewalt auf.
Associate of Rajiv Gandhi and former MP Arun Nehru ...ensured that 6000 Sikh policemen were disarmed and sent home from active duty in the afternoon of October 31, 1984. He was later rewarded as Minister Of Internal security and was largely responsible for draconian laws and genocidal policies which were implemented in Punjab against Sikh freedom fighters. (Quelle: Top 10 Architects of 1984 Sikh Genocide, Sikh24, Singh Station)
Kushwant Singh wurde klar:
wie sich die Juden in Nazi Deutschland gefühlt haben müssen.
Er fasste zusammen:
Das Töten nahm Proportionen eines Genozids der Sikh Bevölkerung an.
When a tree shook Delhi - November Genozid 1984
31. Oktober ca. 09:20 Uhr
Indira Gandhi wird durch ihre Sikh Bodyguards Satwant Singh und Beant Singh erschossen. Während sie an den Verletzungen von 30 Kugeln stirbt, wird sie ins Krankenhaus gebracht.
31. Oktober ca. 16:45 Uhr
Als der Präsident von Indien, Giani Zail Singh, vom Ableben der Premier Ministerin erfährt, eilt er zum Krankenhaus in Delhi, wo der Körper von Indira Gandhi liegt.
Auf seinem Weg dorthin, attackiert ihn der Mob mit Steinen.
...Parolen wie, "Sardar gaddha hai" (Sikhs sind Verräter) und "Khoon ka badla khoon se layenge" (Blut für Blut) konnten vor dem Krankenhaus gehört werden...
[Jagjit Singh, Augenzeugenbericht, 1985]
31. Oktober 17:55 Uhr
In der Nähe des Krankenhauses, wo Indira Gandhi stirbt, werden die ersten Gewaltakte verübt.
...Kerosin wurde gesammelt, die Mörder wurden innerhalb und außerhalb der Stadt versammelt, um die Häuser der Sikhs ausfindig zu machen...
[Supreme Court Justice VM Tarkunde, 29. Januar 1985]
31. Oktober 20:10 Uhr
In Sabzi Mandi treiben zwei Sikh Offiziere, Ass. Commissioner Kewal Singh und Inspektor Gurmail Singh, 90 Gewalttäter zusammen.
Zwei Stunden später werden sie von diesem Posten durch den Additional Commissioner Hukam Chand Jatav abberufen.
...es schien, als ob sie als Strafe für die große Anzahl an Festnahmen, die sie vorgenommen hatten, von ihrem Posten abgezogen wurden... (und stattdessen) beschuldigt wurden, dass sie ihre Pflichten während der Aufstände vernachlässigt hätten...
[Kusum Lata Mittal Bericht, 1988]
31. Oktober 21:00 Uhr
Im Gebäude des Präsidenten der Congress Partei Trilokpuri Unit, Rampal Saroj, wird ein Treffen abgehalten. HKL Bhagat, MP von Ost-Delhi, nimmt daran teil.
Dort werden die Ziele und Orte für die Gewaltakte des Mobs für die nächsten Tage gegenüber der Sikh Bevölkerung beraten und entschieden.
... Es scheint so, als ob Shri Bhagat, Rampal Saroj und Dr. Ashok Gupta, die alle örtliche Congress Führer waren, einen aktiven Anteil an den Anti-Sikh Gewaltakten in dieser Gegend hatten...
[Nanavati Commission 2005]
1. November 9:00 Uhr
Dr. Ashok Gupta instruiert den Mob in Kalyanpuri dazu, die Häuser von Sikhs zu plündern.
Die Sikhs wehren zwei Angriffe des Mobs ab, bevor sie von der Polizei entwaffnet werden.
Während ihre Häuser abgebrannt werden, zerrt man die männlichen Sikhs heraus auf die Strassen, um sie dann zu zerhacken oder beim lebendigen Leib zu verbrennen.
...Tyagi (Leitender Polizist) hatte in unangemessener Weise die Sikhs all ihrer Waffen beraubt, mit denen sie versucht hatten, sich gegen die gewaltsamen Angriffe zu verteidigen...
[Supreme Court Richter Nanavati, 2005]
1. November 10:00 Uhr
Maxwell Pereira, ein Polizei-Offizier, befiehlt seinen Constables, den Sis Ganj Gurdwara zu beschützen. Die Mörder Gangs richten daraufhin ihre Aufmerksamkeit auf die nahegelegenen Läden der Sikhs.
Pereira schießt auf eine Person des Mobs und ihm gelingt damit den Mob vorerst aufzulösen.
...Diese resolute und starke Entscheidung Shri Pereira's hatte eine sofortige Auswirkung und der Mob löste sich auf...
[Kusum Lata Mittal Bericht, 1988]
1. November 12:30 Uhr
Im Rakab Ganj Gurdwara, nahe dem indischen Parlament, verbarrikadieren sich Sikhs, nachdem zwei Sikhs am Eingang des Gurdwaras getötet werden.
Der Mob belagert den Gurudwara fünf Stunden lang, während Kamal Nath (MP) anwesend ist. Warum war Kamal Nath überhaupt zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort?
...Ein älterer Sikh ging mit gefalteten Händen auf den Mob zu und bat sie, wegzugehen...sie verprügelten ihn brutalst und verbrannten ihn anschliessend. Der Sohn des älteren Mannes konnte diesen Anblick nicht ertragen und versuchte ihn zu retten...auch er wurde eingefangen und bei lebendigem Leib verbrannt...
[Mukhtiar Singh, Augenzeugenbericht, 2005]
1. November 12:30 Uhr
Im Block 32 Trolikpuri muß Gurdip Kaur, eine 45-jährige Mutter dreier Söhne, (wie viele Sikh Frauen auch mit Schrecken ansehen), wie ihr Ehemann und ihre Söhne vor ihren Augen ermordet werden.
Danach wird sie von 8 Hindus des Mobs vergewaltigt. Ein Sohn von Gurdip Kaur musste diese Vergewaltigung mitansehen, bevor er vom Mob getötet wurde.
...Sie rissen mir die Kleider vom Leib und zogen mich vor den Augen meines Sohn nackt aus...acht von ihnen vergewaltigten mich dort vor den Augen meines Sohnes in meinem eigenen Haus...
[Gurdip Kaur, Augenzeugenbericht, 22. Mai 2001]
1. November 18:00 Uhr
Drei indische Journalisten kommen in Trilokpuri an, wo sie Frauen und Kinder nackt in den Strassen auffinden, umgeben von verkohlten Überbleibseln ihrer Männer.
Später wurde bestätigt, dass fast alle männlichen Sikhs in Trilokpuri brutalst getötet, zerhackt und mit Kerosin in Brand gesetzt wurden.
...Die Strassen von Block 32 (Trilokpuri) waren übersäumt mit Gliedmaßen von Menschen, Haaren und verkohlten Leichen. Es war nicht möglich sich fortzubewegen ohne auf die Gliedmaßen der toten Körper zu treten...
[Rahul Bedi (Journalist), Augenzeugenbericht, 23. Mai 2001]
1. November 18:30 Uhr
Ein Mob von 5000 Gewalttätigen versammelt sich vor dem Gebäude von Manmohan Singh Bir Talwar (früherer Kampfpilot der Indischen Armee). Talwar's Geschäft in der unteren Etage wird abgebrannt. Er feuert einige Warnschüsse ab, aber die Polizei unterstützt den Mob mit Waffengewalt. Der Mob dringt in Talwar's Geschäft ein und Talwar tötet einen der Angreifer. Er wird wegen Mordes verhaftet und ins Gefängnis gebracht.
...Anstatt Talwar wie ein Opfer zu behandeln, der von seinem eigenen Haus aus gefeuert hatte, da dies angegriffen wurde, machte die Polizei aus ihm den Agressor und verhaftete ihn wegen Mordes...
[Manoj Miita, 'When a tree shook Delhi', 2007 ]
2. November 9:00 Uhr
Der frühere Finanzminister Madhu Dandavate erreicht den Bahnhof Tughlahabad in der Umgebung von Delhi.
Ein mit Eisenstangen, Hackbeilen und Brechstangen bewaffneter Mob sucht nach Sikhs in den Zügen. Sikhs werden ausfindig gemacht, herausgezerrt und brutalst getötet.
...Ich fand zwei getötete Sikhs vor, die auf die Bahnsteige geworfen worden waren. Die Polizei, die auf den Bahnsteigen stand, machte keine Anstalt weder das Töten noch das Verbrennen von Sikhs zu stoppen...
[Früherer Finanzminister Madhu Dandavate, Augenzeugenbericht, Misra Commission, 1985]
2. November 12:00 Uhr
Der Schriftsteller und Journalist Kushwant Singh wird in seinem eigenen Heimatland Flüchtling.
Seine Freunde mit politischen Verbindungen empfehlen ihm, sich in den sicheren Schutz der schwedischen Botschaft zu begeben.
...Um Mitternacht wurde der Gurudwara hinter meinem Haus attackiert...Zum ersten mal realisierte ich, wie sich Juden in Nazi Deutschland gefühlt haben müssen...
[Kushwant Singh, Augenzeugenbericht, Nanavati Commission, 2005]
2. November 17:30 Uhr
Die Gewalt des Mobs hält den ganzen Tag über an. In Trilokpuri trifft ein Reporter 70 Frauen und Kinder, die sich unter einer Brücke in einem schrecklichen Zustand zusammengedrängt haben.
Sie waren die Überreste der Gräueltaten des Tages und berichteten, dass ihre Männer alle getötet wurden.
Sie sagten mir, daß ihre Männer tot seien und sie um ihr Leben geflohen sind... Ich versuchte die Armee zur Hilfe zu holen, aber die sagten mir, sie haben keinen Befehl zu helfen...
[Journalist anonym, Augenzeugenbericht, PUDR Untersuchung, 1984]
3. November 20:00 Uhr
Nach einem weiteren Tag der Gewalttaten wird eine unbestimmte Ausgangssperre verhängt, während Armee Einheiten für Indira Gandhi's Beerdigung eingesetzt werden.
Mit dem Einsatz der Armee lässt die Gewalt etwas nach. Während der nächsten Tage passieren jedoch weitere schrecklichte Gewalttaten.
...während diese Vorfälle passierten, sagten die Polizisten dem Mob "Plündert und tötet so viel ihr wollt für drei Tage lang, danach wird die Armee kommen..."
[Jaya Jaitely, Augenzeugenbericht, Nanavati Commission, 2005]
Nachwirkungen
Die Politiker und die indischen Medien machten aus diesen Gräueltaten kommunale Unruhen und eine zu erwartende Reaktion aufgrund der Ermordung Indira Gandhi's. Bei seiner Ansprache im Delhi Boat Club (1984) rechtfertigte der neue Premier Minister, Rajiv Gandhi, die Ausschreitungen als ein natürliches Phänomen:
Zitat: Rajiv Gandhi
Einige Ausschreitungen passierten nach der Ermordung Indiraji's. Wir wissen, dass die Leute sehr wütend waren und es schien, als ob Indien ein paar Tage lang durchgeschüttelt wurde. Aber, wenn ein mächtiger Baum fällt, dann ist es nur natürlich, wenn die Erde um ihn herum ein wenig bebt.
Das Töten von tausenden von unschuldigen Männern, Frauen und Kindern in ganz Indien hatte Ausmasse eines Genozid.
Quellen: SEC UK, diverse Kommissionsberichte etc.Die Sikh Bevölkerung hat den Angriff der Indischen Armee und die Zerstörung ihres Heiligtums im Juni 1984 miterleben müssen, wo sie 5000+ gläubige Pilger verloren hatte. Die Sikhs wurden Ziel, einer damals versagenden Minderheitenpolitik der Unterdrückung und Hypokratie.